AMICA in der Ukraine
Der anhaltende Konflikt in der Ukraine hat verheerende Folgen für die Zivilbevölkerung. „Es gibt keinen sicheren Ort in der Ukraine, auch im Westen nicht“, betonen immer wieder unsere Partnerinnen. Raketenangriffe auf Krankenhäuser, Kindergärten oder Wohnhäuser gehören zum Alltag. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) sind 14,6 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Fast 10 Millionen Menschen wurden zur Flucht gezwungen, darunter leben 3,6 Millionen innerhalb des Landes als ‚Binnenvertriebene‘. Die meisten sind Frauen und Kinder. Gemeinsam mit unseren Partner*innen helfen wir ihnen, ihre traumatischen Erlebnisse aufzuarbeiten und sich ein neues Leben aufzubauen.
Besonders betroffen: Frauen im Konfliktgebiet und auf der Flucht
Die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung in den umkämpften Gebieten der Ukraine sind katastrophal. Frauen sind besonders gefährdet: Seit der Annexion der Krim 2014 durch Russland berichten insbesondere Frauen von systematisch eingesetzten sexualisierten Übergriffen. Seit dem erneuten Angriff auf die gesamte Ukraine im Februar 2022 wurde der Einsatz sexualisierter Kriegsgewalt durch russische Soldaten vielfach nachgewiesen. Frauen sind zudem infolge des Krieges häufig alleine für die Versorgung ihrer Familien verantwortlich. Gleichzeitig erhalten sie immer weniger staatliche Unterstützung, da z.B. Schulen weiterhin geschlossen bleiben. Sie müssen nach der Flucht eine neue Einkommensquelle finden und gleichzeitig mehr Sorgearbeit leisten, haben zunächst keine Unterkunft und keine Kontakte vor Ort.
» Unsere Partner*innen
Wer ist die Frauenrechtsorganisation Berehinya?
Die Frauenrechtsorganisation Berehynia wurde in Mariupol 2015 im Zuge des Konflikts zwischen prorussischen Separatisten und den ukrainischen Regierungstruppen gegründet. Unsere Partner*innen bauten dort ein Beratungszentrum für Frauen, die das umkämpfte Gebiet verlassen mussten, auf – ab 2018 mit der Unterstützung von AMICA. Als im Februar 2022 der russische Angriffskrieg auf die gesamte Ukraine begann, konnten unsere Partner*innen ihr Wissen, bestehende Netzwerke und Strukturen nutzen, um Menschen in Mariupol und der Umgebung mit Nothilfe zu unterstützen: Sie versorgten sie mit Lebensmitteln, Medikamenten und Hygieneartikeln, brachten Geflüchtete in Notunterkünften unter und evakuierten Zivilist*innen aus dem Konfliktgebiet. Insgesamt organisierten unsere Partner*innen ab Februar 2022 bis 2024 die Evakuierung von 2946 Frauen und 1869 Kindern aus dem Kriegsgebiet. Nachdem ihr Beratungszentrum in Mariupol zerstört wurde und unsere Partner*innen selbst fliehen mussten, bauten sie zwei neue Beratungsstellen für gewaltbetroffene Frauen auf: in Dnipro und in Iwano-Frankiwsk.
» Unser Projekt
Anlaufstelle für Frauen, die Krieg und Gewalt erlebt haben
Das Beratungszentrum unserer Partnerorganisation in Iwano-Frankiwsk im Westen der Ukraine ist eine wichtige Anlaufstelle für Frauen, die aus den östlichen Gebieten fliehen mussten, von geschlechtsbasierter Gewalt betroffen und schwer traumatisiert sind. Dort finden sie einen Schutzraum und die benötigte psychologische Versorgung.
Unsere Partnerinnen unterstützen die geflüchteten Frauen dabei, sich ein neues Leben weit weg von zu Hause aufzubauen. Sie helfen ganz konkret bei alltäglichen Angelegenheiten: eine Unterkunft suchen, Sozialleistungen beantragen, eine Schule für das Kind finden oder einen Arzttermin ausmachen.
In der Anlaufstelle finden die Frauen zudem psychosoziale, psychologische und rechtliche Beratung sowie therapeutische Unterstützung. Zudem erhalten sie die Möglichkeit, sich weiterzubilden, um sich neue berufliche Perspektiven aufzubauen und eigenständig Geld zu verdienen.
Unsere Partnerinnen unterstützen zudem Frauen, die in der Nähe der Frontlinie geblieben sind: Die Aktivitäten ihrer Anlaufstelle in Dnipro, die sie direkt nach dem Angriffskrieg eröffnet hatten, mussten sie aufgrund der Sicherheitslage einstellen. Die psychologische Beratung geht aber online und – sofern die Sicherheitslage es erlaubt – mobil weiter.
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Die Aktivitäten umfassen:
- Psychosoziale und rechtliche Beratung
- Kunsttherapie und Gruppentherapie
- Weiterbildungen wie Nähkurse, Kosmetikkurse, Manikürekurse
- Gründung von Selbsthilfegruppen. Dadurch werden zivilgesellschaftliche Strukturen geschaffen, die die gesellschaftliche Beteiligung von Frauen fördern.
- Supervisionen und Trainings für die im Projekt angestellten Fachkräfte
- Multiplikator*innenschulungen zum Umgang mit Frauen, die Krieg und geschlechtsbasierte Gewalt erlebt haben, für staatliche und zivilgesellschaftliche Beratungsstellen
Foto: Klientin beim Nähkurs im Beratungszentrum ©AMICA
Was wir erreichen: Ein Ort der Stärke und Zugewandtheit
- Die teilnehmenden Frauen werden psychisch gestärkt. Physische Symptome in Folge der psychischen Belastung reduzierten sich beispielsweise durch die Beratung
- Die Frauen fühlen sich nach eigenen Aussagen durch die Beratung häufig optimistischer und weniger hilflos
- Sie fühlen sich nach der Beratung unterstützt und können wieder mehr Vertrauen zu ihren Mitmenschen aufbauen
- Die Selbsthilfekapazitäten der Betroffenen wurden gestärkt
- Die Frauen erleben Solidarität und bauen sich nach der Flucht ein neues soziales Netzwerk auf
- Frauen machen sich selbstständig und können ein Einkommen generieren
Wir tragen dazu bei, dass Frauen und Mädchen in der Ukraine wieder Kraft schöpfen, mit Hoffnung in die Zukunft blicken und neue Perspektiven erschließen. „Jedes Treffen ist geprägt von einer warmen, entspannten Atmosphäre, von Motivation, Unterstützung und Inspiration,“ berichten unsere Partnerinnen vom „Women´s Club“ in Iwano-Frankiwsk. „Hier können sich die Frauen kreativ ausdrücken, aktuelle und persönliche Themen diskutieren und Freundschaften schließen.“
Die Aktivitäten werden durch Spenden an AMICA e.V. ermöglicht und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie von der Baden-Württemberg Stiftung gefördert.