Am 15. März 2021 jährte sich zum 10. Mal der Beginn des verheerenden Bürgerkriegs in Syrien. Auf die Proteste gegen das Regime des damaligen Machtinhabers Assad im März 2011 antwortete die Regierung mit Gewalt: Es kam zu rechtswidrigen Verhaftungen, Folter und Bombardierungen. Auch Gewalt gegen Frauen stieg massiv an.
Sabah Alhallak von unserer Partnerorganisation Syrian Women's League hat am 2. März 2021 vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gesprochen und über die aktuelle Situation von Frauen und Mädchen in Syrien berichtet. Gerade während der Pandemie hat sich nach 10 andauernden Kriegsjahren ihre Lage weiter verschlechtert. Frauen und Frauenrechtsaktvistinnen in Syrien brauchen mehr denn je Solidarität und Unterstützung. Hier finden Sie einen längeren Auszug aus ihrer Rede:
" | Ich bin eine syrische Frau. Ich bin seit 30 Jahren Frauenrechtsaktivistin. Die Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Syrien, die wir seit 2011 beobachten, kann unmöglich in wenigen Worten zusammengefasst werden. Die Körper von Frauen werden als Kriegsmittel von den Konfliktparteien missbraucht. Stellen sie sich die Lage der Frauen in Syrien vor, die seit Jahren keinen rechtlichen Schutz erhalten. Sie sind ungeschützt sämtlichen Formen von Gewalt ausgesetzt, sei es häusliche Gewalt, Gewalt seitens des Regimes oder seitens bewaffneter Gruppen. [...] Seit dem Beginn der Revolution im März 2011 beobachten wir, wie gegen Frauen und Männer in Syrien Gewalt ausgeübt wird. Die Gewalt gegen Frauen ist jedoch spezifisch und besonders schmerzhaft, weil sie weitere Gewalt nach sich zieht. Viele Frauen, die vergewaltigt wurden, werden von ihren Familien im Namen der „Ehre“ getötet. Überlebende von sexualisierter Gewalt werden durch ihre Familien und die Gesellschaft stigmatisiert. [...] Der rechtliche, politische, kulturelle und soziale Kontext in Syrien trägt dazu bei, dass die Gewalt gegen Frauen fortgeschrieben wird. Es ist eine patriarchale Mentalität, die durch das syrische Rechtssystem legitimiert wird. Frauen in Syrien haben alle Formen von Gewalt erlebt, u.a. Kinderheirat, Zwangsheirat, Vergewaltigung, Menschenhandel, Sklaverei. Tausende Aktivisten und Aktivistinnen wurden verhaftet, gefoltert oder in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Auch Frauen, die Hilfsleistungen anbieten, wurden nicht verschont. Die wirtschaftliche, politische und humanitäre Lage in Syrien ist gerade angesichts des Zusammenspiels von anhaltendem bewaffnetem Konflikt und Covid19 noch komplexer. Frauen sind von dieser Krise überproportional stark betroffen. Sie sind am stärksten von Armut betroffen, sie sind ökonomisch, sozial und politisch die marginalisiertesten. […] Wir müssen jetzt handeln, v.a. angesichts der Pandemie! Es stellt sich die Frage, welche Entscheidungen die UN getroffen hat, um Frauen zu unterstützen und zu schützen […]? Aktuell ist der politische Prozess in einer Sackgasse, es gibt kein Vorankommen in den Verhandlungen […]. Welche Rolle übernimmt die UN, um das Leiden und Blutvergießen zu beenden?" |
» Hier zu der kompletten Paneldiskussion und zu der Rede von Sabah Alhallak (ab Minute 38).